Gold wird nach Einschätzung des weltweit größten Edelmetallverarbeiters Heraeus Precious Metals auf einem hohen Preisniveau gefragt bleiben. „Auch für den Rest des Jahres dürften die makroökonomischen und geopolitischen Bedingungen den Goldpreis unterstützen“, sagte André Christl, Geschäftsführer von Heraeus Precious Metals. Inmitten der Coronavirus-Pandemie und der anhaltenden Spannungen zwischen den USA und China bleibt der wirtschaftliche Ausblick unsicher – nicht zuletzt auch vor der anstehenden US-Präsidentschaftswahl.
Auch Silber wird nach Ansicht der Heraeus-Experten seinen jüngsten Aufschwung verteidigen. Die industrielle Nachfrage zeigt nun Zeichen der Erholung. Zugleich fördern die Sorgen vor den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise und den milliardenschweren staatlichen Konjunkturpaketen die Umschichtung in sichere Anlagen.
Der Platin-Preis sollte sich trotz eines Marktüberschusses behaupten. Allerdings bleibt der fundamentale Ausblick, abgesehen von der Investmentnachfrage, schwach. Bei Palladium beeinträchtigte die Pandemie das Angebot weniger stark als die Nachfrage. Daher erwartet HPM erstmal seit 2009 ein Gleichgewicht auf dem Palladiummarkt
Seit Jahresbeginn profitiert Gold von seiner Eigenschaft als sichere Anlageklasse. „Niedrige bis negative Renditen auf Staatsanleihen und beispiellose fiskal- und geldpolitische Stimuli erzeugen bei Investoren ein hohes Sicherheitsbedürfnis“, erklärte Hans-Günter Ritter, Leiter Edelmetallhandel bei Heraeus. Allerdings stellen die Rekordpreise für Gold und die wirtschaftlichen Verwerfungen im Zuge der Corona-Pandemie eine extreme Belastung für die Verbrauchernachfrage dar. Auch die Förderung der Minen dürfte wegen Covid-19 in diesem Jahr leicht zurückgehen.
Die starke Investorennachfrage stützt den Goldpreis trotz der schwachen Verbrauchernachfrage. Zwar sind die politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten bereits weitestgehend eingepreist. „Die Pandemie ist allerdings alles andere als ausgestanden - und sollte die wirtschaftliche Lage sich weiter zuspitzen, könnten die Zentralbanken ihre Geldpolitik noch weiter lockern“, sagte Ritter. Die Heraeus-Experten erwarten für den verbleibenden Zeitraum bis Ende 2020 eine Bandbreite zwischen 1850 und 2200 Dollar je Feinunze Gold.
Der rasante Anstieg des Silberpreises im Juli unterstreicht das wiedererweckte Interesse der Anleger, für die Gold möglicherweise bereits zu teuer war. Die HPM-Experten erwarten einen weiteren Rückgang der weltweiten Silberförderung, der von den Produktionsunterbrechungen in wichtigen Ländern vor allem in Süd- und Zentralamerika verstärkt wird. Auch wenn sich die industrielle Nachfrage erholt, wird sich Silber nur dann weiter besser als Gold entwickeln, wenn die Investorennachfrage hoch bleibt. Für Silber geht Heraeus in den verbleibenden Monaten 2020 von einer Bandbreite zwischen 22,50 und 35,00 Dollar je Feinunze aus.
Bei Platin, das vor allem in Diesel-Abgaskatalysatoren eingesetzt wird, erwartet Heraeus in diesem Jahr einen Überschuss von mehr als 1 Million Unzen bzw. 31,1 Tonnen (exkl. Investmentnachfrage), obwohl die Förderprognosen infolge der Pandemie gesenkt wurden. Die schwächere Automobil- und Schmuckindustrie lösen einen deutlichen Rückgang der Gesamtnachfrage aus. Zudem führen die Auswirkungen von Covid-19 zu einem Produktionsrückgang in vielen Chemiefabriken, und der schleppende Kapazitätsaufbau in China dürfte den Bedarf an Platinkatalysatoren verringern. Der fundamentale Ausblick bleibt, abgesehen von der Investmentnachfrage, schwach. Heraeus sieht bei Platin eine Preisspanne von 850 bis 1050 Dollar je Feinunze.
Erstmals seit 2009 erwartet Heraeus in diesem Jahr ein Gleichgewicht auf dem Palladiummarkt. Das Angebot wurde von der Pandemie weniger stark beeinträchtigt als die Nachfrage, was den Markt einem Gleichgewicht näherbringt. Wegen der abgelegenen Lage der Minen von Nornickel wird die russische Palladium-Förderung in diesem Jahr weitestgehend unbeeinträchtigt bleiben.
Zugleich scheint sich China, der größte Markt für Benzinfahrzeuge, zu erholen. Die Palladium-Nachfrage kommt vor allem aus der Automobilindustrie, die mit 81 Prozent der stärkste Abnehmer ist - das Metall wird in Abgaskatalysatoren für Ottomotoren eingesetzt. Da in vielen Ländern der Welt strengere Abgasnormen in Kraft treten, dürfte ein Teil der Nachfrageeinbußen durch höhere PGM-Beladungen von Abgaskatalysatoren kompensiert werden. Andererseits dürfte die Nachfrage der Chemieindustrie sinken. Die Bandbreite für die Feinunze Palladium liegt nach Ansicht von Heraeus bei 1750 bis 2350 Dollar.
Trotz der Nachfrageeinbußen durch Corona dürfte das Defizit auf dem Rhodium-Markt in diesem Jahr anhalten, da das Angebot ebenfalls beeinträchtigt wurde. Das Angebot von Rhodium dürfte stärker beeinträchtigt sein als das von Platin oder Palladium. Die Rhodium-Förderung konzentriert sich stärker auf Südafrika (81%), das die am stärksten von der Pandemie betroffene Abbauregion darstellt. Auch Rhodium dürfte von der schnellen Erholung des chinesischen Automarktes profitieren. Die Handelsspanne liegt in diesem Jahr zwischen 8000 und 13.250 Dollar je Feinunze.